„Wo Worte enden“

CONCERTI VON PETER KRAUSE

Die ukrainische Pianistin Olena Kushpler spielt Bach mit den Hamburger Symphonikern

Eduard Hanslick, der Wiener Wagnerantipode und Kritikerpapst des 19. Jahrhunderts, widersprach in seinem Buch Vom Musikalisch-Schönen entschieden der Auffassung, dass Musik die Sprache der Gefühle sei. Den die Romantik prägenden Topos der Unsagbarkeit und die literarisch wie philosophisch aufgeladene Programm-Musik der Neudeutschen Schule lehnte er ab. Hanslick zufolge ist Musik nichts als „tönend bewegte Form“. Wer nun aber Olena Kushpler einmal im Konzert erleben durfte, wird in ihr nicht nur eine Romantikerin der Gegenwart voller aufrichtiger künstlerischer Herzenswärme erkennen, sondern Hanslicks Diktum auch entschieden abwandeln wollen: Denn beim Spiel der ukrainischen Pianistin wird Musik fürwahr als „tönend bewegte Emotionalität“ spürbar. Wohl gehört Formbewusstsein in jeder Kunst zum entscheidenden Mittel, der Zweck aber, der Sinn und die Essenz von Musik liegen jenseits der Sonatenhauptsatzform, liegen an jenem geheimnisvollen Punkt, wo sich durch die Musik hindurch eine neue, eigene Welt auftut, an jenem Punkt, wo Worte enden und Musik beginnt, wirklich dazusein und zu leben.

Olena Kusphlers künstlerische Haltung ist geerdet und tiefgehend: Sie ist eine Musikerin mit starken Wurzeln. Auch ihre Eltern sind Profi-Musiker und lehren an der Musikhochschule ihrer Geburtsstadt Lemberg. In ihrer Wahlheimat Hamburg ist Olena Kushpler zuletzt als ausdrucksstarke und feinfühlige Pianistin des Bonnard Trios hervorgetreten. Mit ihrem Trio erhielt sie 2005 den Ritter-Preis der Oscar und Vera Ritter-Stiftung und im März den Berenberg-Kulturpreis. Mehrere Rundfunkaufnahmen dokumentieren ihr Können, in diesem Jahr erscheinen gleich zwei CD-Einspielungen, darunter die Aufnahme der Klaviertrios von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Olena Kusphler ist bei zahlreichen renommierten Festivals aufgetreten, so dem Rheingau Musik Festival und den Musikfestspielen Saar. Gemeinsam mit dem Kammerorchester der Hamburger Symphoniker wird sie am 25. Februar Bachs Klavierkonzert in f-Moll spielen.